Seit 2012 wird an der Erich-Kästner-Realschule plus in Wörrstadt eine Intensivförderung für Schüler angeboten, die Deutsch als zweite Sprache erwerben. In den Jahren zuvor gab es vereinzelte Förderstunden, an denen aber nur wenige Schüler teilnahmen und die wenig koordiniert waren.
Rund 30 Schülerinnen und Schüler aus mehr als zehn verschiedenen Ländern (Albanien, Bangladesch, Bosnien Herzegowina, Bulgarien, Iran, Italien, Kosovo, Mazedonien, Somalia, Syrien, Thailand, Rumänien, Ungarn) sind innerhalb der letzten beiden Jahre neu an die Erich-Kästner-Realschule plus in Wörrstadt gekommen. Sie haben einen Anspruch auf die Sprachförderung, die in Deutsch-Intensivkursen stattfindet. Bis zu 15 Stunden pro Woche können jeweils die Anfänger und die Fortgeschrittenen an solch einem Kurs teilnehmen, darüber hinaus gibt es weitere Schülerinnen und Schüler, die schon etwas länger in Deutschland sind, jedoch ebenfalls bis zu 12 Stunden Hilfestellung bekommen können, wenn sie noch Klärungsbedarf für Aufgaben in einzelnen Fächern benötigen.
Konzept
Maßgeblich ist der Rahmenplan: Deutsch als Zweitsprache
Ziele der Eingliederung:
Leitgedanke
Um den sprachlichen Anforderungen des Fachunterrichts gerecht werden zu können, brauchen unsere Schüler sowohl in der Orientierungsstufe als auch während der gesamten Sekundarstufe I eine intensive Sprachförderung, die sie dazu befähigt, die Fachsprache in den Sachfächern zu verstehen und anzuwenden.
Maßnahmen
Die Schüler sind von Beginn an einem festen Klassenverband zugeordnet und sollen möglichst rasch an Stunden in den Fächern Mathematik, Englisch, Sport und Kunst teilnehmen. Bis zu zwei Jahren kann die Benotung allerdings ausgesetzt werden. Die Schülerinnen und Schüler können so auch an regulären Unterrichtsstunden teilnehmen und erste Kontakte in ihren Klassen knüpfen. Der Schwerpunkt des Deutschunterrichts liegt auf dem Hören, dem (Text-)Verstehen und dem Sprechen, so sind viele Schüler schon bald in der Lage, Eltern bei Behördengängen und beim Arztbesuch zu helfen.
Neuankömmlinge arbeiten zunächst einen Grundwortschatz durch, der ihnen ermöglicht, sich vorzustellen, Familienmitglieder und weitere Verwandtschaftsverhältnisse zu benennen. Sie lernen Zahlen und Rechenoperationen zu verstehen, alle Schulutensilien, die Fachräume und ihre Ausstattungsgegenstände, Nahrungsmittel zu kennen und Kleidungsstücke zu benennen. Die Vermittlung der deutschen Grammatik ist ein wichtiger Schwerpunkt; bestimmte Artikel (der, die, das) existieren oftmals nicht in den Herkunftssprachen und bereiten Schwierigkeiten. Weiterhin stellt die Behandlung der Zeitformen, die es ebenfalls nicht so differenziert in allen anderen Sprachen gibt, eine große Herausforderung dar. Die deutsche Grammatik wird in unserem Eingliederungsunterricht sehr systematisch erlernt.
Die Heterogenität einer sich durch neu ankommende (und wieder wegziehende) Schüler immer wieder veränderten Lerngruppe, deren Mitglieder sich aus den verschiedenen Klassenstufen (Stufen 5 bis 10) und zahlreichen Kulturen zusammensetzen, stellt eine große Herausforderung im Hinblick auf die notwendige individuelle Förderung dar.
In diesem Schuljahr arbeiten die Lehrerinnen und Lehrer Frau Büsse, Herr Klink, Frau Loosen, Frau Stepholt und Frau Wohn zusammen mit der Fachleiterin für DaZ, Frau Dieter-Meuser, engagiert und mit Empathie in den jeweiligen Gruppen. Der Fernunterricht stellt allerdings für Schüler, die zu Hause kein Internet haben, ein Problem dar, für das jeweils individuelle Lösungen gesucht (und meistens gefunden) werden.
Es ist ein kompliziertes Unterfangen, alle Eingliederungsschüler gleichermaßen zu fördern, denn die Lernvoraussetzungen und auch die Motivation, im Erlernen der Sprache rasche Fortschritte zu erzielen, sind sehr unterschiedlich. Zudem ist zu bedenken, dass nicht alle Kinder vorher eine regelmäßige Schulbildung genossen haben und Kenntnisse über unsere Schrift, Schulenglisch sowie in Mathematik (z. B. „Kleines Einmaleins“) manchmal nicht vorhanden sind. Bevor die Schüler sich in ihrer eigenen Klasse integriert fühlen, erleben sie oftmals den Eingliederungsraum als eine Art von „Zuhause“, in dem sie beim Sprachenlernen auf Schüler treffen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Viele Lernspiele, Wandkarten, bunte Bildwörterbücher für fast alle Sprachen und eine Menge Lexika mit Bildern sowie Memory- und Gesellschaftsspiele ergänzen die Übungen in den Lehrbüchern, auf CD und auf den Arbeitsblättern.
Für Übersetzungsaufgaben und zum Online-Training zum Beispiel mit der „ANTON-APP“ stehen iPads zur Verfügung. Der Erwerb von sprachlichen Fähigkeiten für die Bewältigung von Alltagssituationen und der Mitarbeit in den schulischen Hauptfächern Mathematik, Englisch und Deutsch steht im Vordergrund.
Ehemalige Schüler denken gerne und mit Dankbarkeit an ihre Startbedingungen an der Erich-Kästner-Realschule zurück: Die meisten haben hier einen Abschluss geschafft und einige im Anschluss daran sogar das Abitur oder Fachabitur. Manche besuchen die BBS in Alzey oder Ingelheim und haben schon ein Angebot von einem Ausbildungsbetrieb erhalten.
Zwei Schülerinnen aus einer ehemaligen Realschul-Abschlussklasse blicken auf ihre Erfahrungen in der Anfangszeit zurück:
„Am Anfang hatten wir das Problem, dass wir die Sprache überhaupt nicht konnten. Wir verstanden nicht, was die anderen Schüler redeten und gingen nur in die Kurse im Englisch- und Mathematikunterricht. Die Kinder unserer achten Klasse kannten wir nicht. Vor der ersten Englischarbeit hatten wir keine Ahnung, dass wir überhaupt eine Arbeit schreiben, aber zum Glück hatten wir schon vorher Englisch und wir schrieben auch ohne Vorbereitung die beiden besten Arbeiten. Auf die erste Mathearbeit haben wir uns mit Textaufgaben aus dem Buch in der Eingliederung gut vorbereitet. Es ging um Zinsrechnungen und wir bekamen alle Wörter erklärt, die zum Verständnis der Aufgaben wichtig waren. Wir hatten damals kein Internet zu Hause und auch kein Word-Programm auf dem Computer. Wir haben jederzeit auch nach der 6. Stunde Hilfe erhalten, wenn wir Fragen hatten. (…) Wenn jemand neu nach Deutschland kommt, können wir diese Schule empfehlen, denn am Anfang kann man so eine Extra-Unterstützung gut gebrauchen. Den ersten Erfolg nach Englisch und Mathe hatten wir in Physik und Chemie, als wir im Test beide eine Eins hatten. Wir haben uns in der Eingliederung darauf vorbereitet, dazu haben wir extra Bücher anschauen können und bekamen viel erklärt. Dadurch hatten wir die besten Tests der Klasse. (…)
Wenn viele Kinder in der Eingliederung sind, sollten möglichst zwei Lehrer da sein. (…)“
Wir wünschen uns, dass alle unsere Migranten von den Startbedingungen an der Erich-Kästner-Realschule plus profitieren!
D-M
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